Bandgeschichte

...na gut, jetzt aber ehrlich: Die wahre Geschichte

Erst Skateboard – dann Punk

Das Märkische Viertel im Norden West-Berlins - triste graue Wohnsilos. Das war unsere Heimat. Im Sprachgebrauch nannten wir das Märkische Viertel einfach "Getto" und wir waren die MV Getto Rats. Für uns war das MV das Paradies - denn wir waren Skater. Ein Paradies aus Tonnen von Beton, bestehend aus ´zig Banks, einer selbstgebauten Half Pipe und einer Mini Ramp - und dann kam Punk-Rock!

Im Winter 1980/81 war´s, als wir uns in einem Heizungskeller trafen und begannen Krach zu machen. Marcus hatte ´ne Gitarre, Oli ´nen Schlagzeug, Kindermann ´nen Bass und Marky durfte mangels Mikro in einen Kopfhörer schreien. So entstand die Punk-Band C & A (CHAOS UND AUFRUHR). Es wurde auf Deutsch und Englisch gesungen, übers Saufen und Skaten..., bloß nicht über No Future und negativen Scheiß - Spaß war angesagt. Nach doch recht ernüchternden Probeaufnahmen gab es eine Umbesetzung: Marky - Bass, Kindermann - Gesang, Oli - Schlagzeug und neu an der Gitarre - Markys Bruder Scheune. So kamen wir dem Ziel Musik zu machen ein Stück näher! Nur beim Skaten, da hatten wir unser Ziel schon erreicht! Marky wurde 1981 im Hochsprung Deutscher Skate-Meister.

"C & A" spielten ihre ersten 2 Gigs mit den legendären FRAU SUURBIER und der DTJ (DEUTSCHE TRINKER JUGEND) im Flöz im damaligen West-Berlin. So landeten wir bei den SUURBIERS im Proberaum und hatten Kontakt zu den Pizza-Punks der Hermsdorfer Szene. Aus Teilen der SUURBIERS wurden dann DIE ÄRZTE, mit denen wir uns den Übungsraum teilten. Marky erlebte zumindest in seiner Skater-Karriere neue Höhepunkte: 1982 wurde er Vize im Hochsprung und Slalom. 1983 Deutscher Meister im Slalom und Vize Meister im Hochsprung.

Musikalisch hatten wir uns inzwischen auf Ami-Hardcore eingeschworen. Unsere alten englischen Vorbilder hingen in einer uniformierten No Fun - Irokesen - Lederjacken - Zeitschleife fest. SUICIDAL TENDENCIES, CIRCLE JERKS, DEAD KENNEDYS kamen da viel lockerer und frischer rüber. Eben Turnschuhe statt Springerstiefel!

DISASTER AREA – Skate Tonight

1984 beeindruckte uns DISASTER AREA, »die lauteste Band des Universums« in der Fernseh-Verfilmung »Per Anhalter durch die Galaxis«, der gleichnamigen Science-Fiction Story von Douglas Adams. Wir erkannten sofort, dass dies unsere wahre Bestimmung war und nannten uns ab sofort DISASTER AREA. Mal Ehrlich, gibt es einen Namen, der unsere persönlichen und musikalischen Fähigkeiten treffender beschreibt? - Nein!!! Der erste Auftritt mit diesem Namen fand irgendwann im Herbst 1984 im NoX in Berlin/Tiergarten statt.

1984 veröffentlichte der Schallplattenladen Vinyl Boogie auf dem »Pogar« Label eine Split EP mit DISASTER AREA und den Spaßpunkern DIE SCHLIMMEN FINGER aus MV/Wittenau. Mit dem Song Skate Tonight zogen DISASTER AREA erstmalig die Schublade »Skate-Punk« auf und besetzten sie für alle Zeiten. Skate Tonight wurde eine Hymne und richtiger kleiner Hit. Die EP verkaufte sich gut. Unser Übungs- und Text-lern-fauler Sänger Kindermann machte den Platz frei für unseren neuen Frontmann Naughty (vorher KOLLEKTIV ANTISERUM, u. a. mit FIL). Die folgende Besetzung gab also für die nächsten Jahre den Ton an: Scheune – Gitarre, Marky – Bass, Oli – Schlagzeug, Naughty – Gesang.

Es gab mehr Anfragen für Konzerte, im Übungsraum wurde nicht nur gefeiert, sondern auch geprobt. Durch die Gigs blieb etwas Geld hängen, welches gleich ins Tonstudio geschleppt wurde.

Der erste Longplayer: »DIE ON YOUR BOARD«

In 3 Tagen entstand eher zufällig das erste DISASTER AREA Album: Wir buchten ein Wochenende im Studio und wollten 4 Songs für eine neue EP aufnehmen. Da unser Sänger Naughty aber kurz zuvor einen 8 Meter freien Fall am Kletterfelsen auf dem Teufelsberg anchecken musste, war er zu den Studio-Sessions nicht wirklich verfügbar (Kapselriss, Gehirnerschütterung)! Wir nutzten die Zeit um für 10 Songs alle Instrumenten-Parts einzuspielen. Später wurden an einem Tag alle Lead-Vocals und die Backings schön partymäßig aufgenommen und noch in der Nacht die gesamte Platte gemixt. Das waren noch Zeiten - in 3 Tagen ein Album aufnehmen! Musikalisch ist »Die On You Board« noch deutlich vom englischen Punk beeinflusst. »Die On Your Board« (1986) wurde sogar im »Maximum Rock ´n Roll« Fanzine besprochen - die Konzertanfragen flogen uns nur so zu.

Wir konnten immer öfter, auch in der restlichen BRD, unsere Verstärker aufbauen. 1987 spielten DISASTER AREA den ersten Gig beim großen Skate-Contest in Münster, dem Europa-Cup in der Eissporthalle Münster. Später wurde aus dem Europa-Cup der World-Cup »Münster Monster Mastership«, den wir in den folgenden Jahren regelmäßig beschallten.

Der zweite Longplayer: »BACK FROM RESERVATION«

Die Aufnahmen zum zweiten Album »Back From The Reservation« (1988) waren dann zwar geplant aber nicht wirklich vorbereitet. Wir machten unserem Bandnamen alle Ehre: Chaos im Studio. Das Schlagzeug war Schrott und Oli total besoffen im Studio – eine Freundin hatte sich Tags zuvor umgebracht. Musikalisch ging es mit Tschernobyl und Blood In The Pool in Richtung US-Hardcore. Skate Tonight wurde noch einmal aufgenommen und mit den Skate-Punk Knallern Skate City und Blood In The Pool beschäftigten wir uns wieder mit unserem Lieblingsthema – dem Skaten.

Im Herbst 1988 kam es zu einem tragischen Zwischenfall: Auf dem Skate ´n Roll Festival demolierte eine erstklassige Rückkopplung der PA Oli´s Trommelfell – vorbei war's mit der Musikerkarriere! Oli verließ Berlin in Richtung Australien. Wir hatten seit kurzem ein 5. Bandmitglied und gerade begonnen Norman an der Lead-Gitarre einzuarbeiten und mussten jetzt auch ´nen neuen Drummer finden. Mit Frusti war aber schnell Ersatz gefunden und er war mehr als ein Ersatz: Sein Drumming brachte die Band noch mal richtig nach vorne. Unser Sound und unsere Terminkalender wurden immer voller und Marky konnte sich wieder einen neuen Pokal ins Regal stellen, den Pokal des Deutschen Vize Skate-Meisters im Slalom 1988.

1989 nahmen DISASTER AREA an dem »berühmten« Berliner Senatsrockwettbewerb teil und kamen tatsächlich ins Finale. Frusti war vom Brett gefallen und spielte die Show mit gebrochenen Fuß. Das Konzert war eines der allergeilsten der Bandgeschichte und nur »fiese« Tricks der Konkurrenz brachten uns um den Sieg... .

Longplayer Nummer drei: »CUT THE LINE« und Tour

Doch anstatt vor Trauer die Band aufzulösen, ging es Ende 1989 ins Studio um die nächste Platte »Cut The Line« (1990) einzuspielen. Mit Norman an der Lead-Gitarre und Frusti am Drum ging es jetzt musikalisch richtig ab: Zeitgemäßer Ami-Hardcore mit frühen Metal-Anleihen. Die LP erschien über BONZEN Records und brachte uns endgültig den Ruf als »Germany's Skate Punk Band No. 1« (OX-Fanzine) ein.

Es folgten viele Live-Shows und im Herbst eine Tour mit den BADTOWN BOYS aus Kalifornien. Einige Schwächen in der Tour-Organisation und der ungebrochene Partywille der Jungs aus L.A. machten diese Tour zu einem echten und unvergessenen Erlebnis.

Mit den vielen weiteren Live-Shows entstand die Idee ein Live-Album zu realisieren. 1991 wurden zwei Konzerte im SO 36 und im AJZ Bielefeld mitgeschnitten. Norman war im SO 36 dermaßen bekifft, dass er nicht mehr fähig war, die Bühne ohne fremde Hilfe zu finden! Naughty kämpfte mit einer Grippe und hatte 40 Grad Fieber. Trotzdem wurden zwei absolut tolle Shows mit Super-Stimmung auf dem Album »Impossible-Live« BONZEN REC (1992) unter das Volk gebracht. Erstmalig als Vinyl und CD. Auf die CD packten wir dann auch gleich noch so viele Songs der »Cut The Line« LP, wie es die Spielzeit zuließ.

Nachdem die Nebelschwaden verzogen waren, erlag unser Lead-Gitarrist Norman dann vollends dem Snowboard-Wahn und verließ die Band in Richtung ewiges Eis. Vorher aber empfahl er uns Domi als geeigneten Ersatzmann. Ein folgenschwerer Fehler! Plötzlich hatten wir einen echten Musiker in der Band! Domi schaffte sich innerhalb einer Woche unser gesamtes Live-Set drauf und plötzlich war die gesamte Band an den Instrumenten gefordert.

»SHRED READY« und Tour

Das Ergebnis war dann auf der CD »Shred Ready« (1994) BONZEN Records zu hören. Deutlichste Metal- und Hardcore-Einflüsse sorgten für das wohl härteste DISASTER AREA Album aller Zeiten. Eines Tages bekam Domi eine Postkarte aus Italien mit einer Plattenkritik zu »Shred Ready«: »It rocks! The fun of the Ramones with cool lead guitar, too. Keep up the good work!" Die Postkarte kam von Marty Friedman (MEGADETH). Jemand hatte ihm die CD zugespielt.

Im Frühjahr 1994 bekamen wir das Angebot, die zu diesem Zeitpunkt noch recht unbekannte Band THE OFFSPRING auf ihrer Tour im Herbst zu supporten. Während des Sommers wurden THE OFFSPRING dann dank MTV zu Punk-Rock Stars. Als wir im Herbst an den Start gingen, hatten wir eine äußerst fette Tour mit ausverkauften Hallen, bei denen musikfernseherfahrene Jung-Stagediver die Bühne enterten.

Nach der Tour war es 1996 Zeit für Domi zu gehen. Er verließ DISASTER AREA und stieg bei der Death Metal Kappelle ORTH ein. Wir beschlossen als Vierer-Besetzung weiter zu machen. Die neuen Songs wurden umarrangiert und unser Skate-Punk wurde deutlich melodiöser. Wir veröffentlichten die EP »Powder« (1996) bei BONZEN Records. .

10 Years – 10 Days und »SLAM SECTION«

10 Jahre gab es die Band jetzt schon! Anlässlich des 10jährigen Bestehens hatten DISASTER AREA die grandiose Idee zu einer Tour, die uns im Dezember 1994 an 10 Tagen durch 10 Berliner Clubs führen sollte. Wir spielten insgesamt 11 Konzerte und hatten jeden Abend mit unseren Freunden ´ne richtig dicke Party. Der absolute Höhepunkt war die Show in der Köpi: Die 500 Freunde und Fans trieben das überforderte Tresenpersonal zum Wahnsinn und vernichteten sämtliche Biervorräte – Hausrekord! Kaum genesen von einem Skate-Unfall mit Kreuzbandriss, war Scheune sich nicht zu schade nach 4 Stunden Live-Show noch eine Vorstellung im Freistil-Wrestling zu geben. 10 Tage lang lebten wir in einem Zeitstrudel und hatten die Realität erfolgreicher ausgeschlossen als es mit chemischen Drogen je möglich wäre.

Wir schrieben neue Songs, die sofort im Studio aufgenommen wurden und machten uns das erste Mal in der Bandgeschichte auf die Suche nach einem größeren Label. Wir wurden dann auch fündig: NOISE Records veröffentlichte das Album »Slam Section« (1998). Musikalisch setzte »Slam Section« die Linie von »Powder« konsequent fort: melodiöser Skate-Punk mit einer gehörigen Portion Energie. Ende 1998 folgte dann eine Tour mit CIA (Ex-SLIME), mehrere Shows mit MILLENCOLLIN und Gigs auf diversen Skate-Contests.

15 Years – »Skatecore Till Death«

Die 15-Jahresfeier »15 Years - Skatecore Till Death« von DISASTER AREA im Razzle Dazzle wurde mit einer anschließenden Tour als Support von GANG GREEN verschönert. Ein Auftritt auf dem Bizarre-Festival 1999 wurde zwei Wochen vorher von Scheunes Skate-Unfall überschattet (Armbruch). Domi wurde für die Gitarre reaktiviert, Scheune sang auf dem Bizarre Backings und machte dumme Bemerkungen.

Neue Besetzung und 18 Years

1999 stieß Tom zu DISASTER AREA, nachdem er zuletzt bei MR. ED JUMPS THE GUN in Lohn und Brot stand. Tom kannten wir schon seit ewigen Zeiten, denn er hatte 1984 auf der »Skate Tonight« Split/EP für DIE SCHLIMMEN FINGER geklampft und mit Naughty bei KOLLEKTIV ANTISERUM gespielt.

Hier nun das bis heute gültige Line Up:
Scheune – Gitarre, Marky – Bass, Frusti – Schlagzeug, Tom – Gitarre, Naughty – Gesang.

Mit zwei Gitarren ging die Arbeit wieder von vorne los. Die neuen Songs umarrangieren bzw. wegwerfen und oder ganz neu schreiben. Wir gingen auf Tour mit THE LINE aus Kalifornien, schrieben neue Songs, recordeten Musik für ein Wakeboard-Video und waren in Gedanken schon dabei die 18 Years Party zu planen. Die 5-Track EP »Punk Rock Radio« (2002) erscheint bei MUSICFLASH, die vorab als Trostpflaster für die lange Wartezeit auf die neue CD und rechzeitig zur 18 Jahres Party fertig wird. Auf der »Punk Rock Radio« EP wird der Stil der »Slam Section« fortgesetzt: Melodiöser Skate-Punk mit noch mehr Energie. Durch Tom´s Gitarre bekommts ´nen Touch Punk ´n Roll.

2002 war es soweit, die Band feierte mit »Endlich Volljährig!! Die Party zum 18. Band-Geburtstag« - einen fetten Party-Gig im Columbia-Fritz. Die FIVE BUGS bestritten das Vorprogramm und alle ehemaligen Bandmitglieder von DISASTER AREA gaben sich die Gitarren, bzw. Drumsticks in die Hand. Der schaue FIL führte durch das Programm. Auch die 500 Leute im Saal performten erwartungsgemäß: Sie stellten den größten Bierverkaufsrekord im Columbia Fritz aller Zeiten auf - was will man mehr... .

Die neue CD »FOREVER« - 20 YEARS – ONE DISASTER

Nachdem wir wieder halbwegs bei klaren Verstand waren, ging es los: Endlich enterten wir das Studio. Domi war unser Engineer und Co-Produzent. Die Studioarbeit wurde sehr intensiv. Wir feilten solange an den Songs bis alle zufrieden waren und der Sound super war. 20 Songs wurden aufgenommen von denen wir schließlich 16 aussuchten. Und das Ergebnis ist großartig: Frischer, energiegeladener Skate-Punk, ein paar Cali-Nummern und der ein oder andere HC-Kracher dabei. Alles Skate-Punk-Songs, die richtig ins Ohr gehen! Die Scheibe heißt »FOREVER«, passend zu der 20jährigen Bandgeschichte. Schließlich sind 20 Jahre DISASTER AREA und 20 Jahre Skate-Punk eine Ewigkeit und das heißt: Für immer!

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